Verkehrssicherungspflichten für Kleingärtnervereine

 

 

 

1.Verkehrssicherungspflichten für öffentliche Straßen und Wege

2. Verkehrssicherungspflicht für Wege und sonstige öffentliche Flächen (Biotope, Teiche usw.) in der Anlage

3. Verkehrssicherungspflicht für Spielplätze und Spielgeräte

4. Verkehrssicherungspflicht für Vereinsheime und sonstige Baulichkeiten

5. Verkehrssicherungspflichten für Bäume auf der Gemeinschaftsfläche

6. Aufsichts- und Fürsorgepflicht für besondere Veranstaltungen des Vereins

7. Fürsorge- und Hinweispflicht des Vereines bei der Eröffnung von Gefahrenquellen durch die einzelnen Pächter

 

 

 

Im täglichen Leben sind wir alle ständig von diversen Gefahren umgeben. Das beginnt damit, dass wir beim Auf­stehen auf dem an der Unterseite zu glatten Bettvorleger ausrutschen und uns beim Fallen verletzen können, die Kalt- und Warmwasserregulierung unserer Mischbatterie versagen kann und wir uns bei der Körperpflege die Hände verbrühen oder dass uns beim Verlassen des Hauses ein Dachziegel auf den Kopf fallen kann, den der Sturm in der letzten Nacht gelockert hat, usw. und so fort.

Die Juristen sprechen in diesem Zusammenhang von so genannten Verkehrssicherungspflichten. In der Recht­sprechung heißt es hierzu: „Wer einen öffentlichen Verkehr eröffnet, ist zur Verkehrssicherung verpflichtet." Das bedeutet im Klartext nichts anderes, als dass der Eigentümer bzw. sonstige Nutzer einer Sache dafür zu sorgen haben, dass von dieser Sache anderen keine Gefahren drohen bzw. Schäden entstehen.

 

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1.Verkehrssicherungspflichten für öffentliche Straßen und Wege

 

Eine der wesentlichsten Formen der Verkehrssicherungspflicht ist die Verpflichtung der öffentlichen Hand, von ihr betriebene Straßen und Wege sowie Plätze in einem solchen Zustand zu halten, dass von ihnen keine Gefahren ausgehen bzw. die Nutzer nicht zu Schaden kommen. Dieser Verpflichtung kommen die Kommunen in aller Re­gel dadurch nach, dass sie entsprechende Satzungen, wie etwa Straßenreinigungs- oder aber Winterdienstsat­zungen erlassen. In diesen Satzungen wird für bestimmte Bereiche des öffentlichen Straßennetzes häufig die Räum- und Streupflicht als eine Form der Verkehrssicherungspflicht auf die Eigentümer der anliegenden Grundstücke übertragen.

Da die Kleingärtnervereine und -verbände in aller Regel nicht Eigentümer der von ihnen genutzten Kleingartenan­lagen sind, obliegt ihnen daher in den meisten Fällen keine Verkehrssicherungspflicht aus den jeweiligen Satzun­gen heraus. Eine solche kann nur Bestehen, wenn die Satzung bestimmt, dass auch „Anlieger" oder aber „Nut­zer" bzw. „Pächter" der anliegenden Grundstücke verkehrssicherungspflichtig sein sollen. Derartige Satzungen sind jedoch relativ selten. Der Umstand, dass die Verkehrssicherung, insbesondere die Räum- und Streupflicht im Winter, dem Grundstückseigentümer durch die Satzung übertragen wird, bedeutet jedoch nicht, dass Kleingärtner in jedem Falle frei von derartigen Verpflichtungen sind. In vielen Pachtverträgen haben die Grundstückseigentü­mer nämlich die Verkehrssicherungspflicht für angrenzende Straßen und Wege auf die Kleingärtnerverbände bzw. -vereine als Pächter übertragen. In derartigen Fällen ist zwar der Eigentümer öffentlich-rechtlich zur Ver­kehrssicherung verpflichtet, er hat diese Verpflichtung jedoch privatrechtlich an seinen Pächter übertragen, so-dass Schäden, die eventuell aus der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht resultieren, letztlich vom Pächter zu tragen wären. Erfolgt eine solche Übertragung der Verkehrssicherungspflicht durch Satzung oder aber durch Vertrag, muss der betroffene Kleingärtnerverband bzw. -verein zunächst prüfen, ob er aus eigener Kraft bzw. mit eigenen Kräften in der Lage ist, seiner Verkehrssicherungspflicht selbst nachzukommen. In Anbetracht der Rege­lung in vielen entsprechenden Satzungen, dass an Wochentagen um 6.00 bzw. um 7.00 Uhr morgens die Geh­wege beräumt bzw. abgestumpft sein müssen, ist hier jedoch Vorsicht geboten, da dies meist wohl nicht vom Kleingärtnerverein mit eigenen Kräften realisiert kann. Hier empfiehlt es sich, mit der Beräumung der Straßen bzw. Wege eine Fachfirma zu beauftragen. Diese Variante hat auch den nicht unbeträchtlichen Vorteil, dass sich das Haftungsrisiko bei eventuell auftretenden Unfällen letztlich auf die Fachfirma überträgt. Den Kleingärtnerver­ein trifft lediglich die Verantwortung dafür, dass er eine geeignete und zuverlässige Firma mit der Durchführung derartiger Arbeiten beauftragt haben muss. Entschließt sich der Kleingärtnerverein, die Räum- und Streuarbeiten selbst durchzuführen, trifft ihn das volle Haftungsrisiko bei Unfällen im Falle nicht ordnungsgemäßer Wahrnähme der Verkehrssicherungspflicht. Zu beachten ist auch, dass der Grundstückseigentümer die Kosten, die ihm selbst aus der Wahrnähme der Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen und Wege entstehen, gem. § 5 Abs. 5 Bundeskleingartengesetz auf den Zwischenpächter überwälzen kann. Beauftragt er hiermit eine Firma, die einen relativ hohen Preis nimmt, kann sich die Überlegung lohnen, die Verkehrssicherungspflicht vertraglich zu über­nehmen und selbst eine Firma mit niedrigeren Kosten zu beauftragen, werden

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2. Verkehrssicherungspflicht für Wege und sonstige öffentliche Flächen (Biotope, Teiche usw.) in der Anlage

 

 

Der Kleingärtnerverein ist selbstverständlich auch für die von ihm errichteten und unterhaltenen Wege und sons­tigen öffentlichen Flächen in der Kleingartenanlage verantwortlich. Diese Verantwortung bezieht sich im Wesentli­chen darauf, dass die Wege bzw. Plätze zunächst so beschaffen sein müssen, dass sie gefahrlos in der jeweils vorgeschriebenen Art (Begehen oder Befahren) benutzt werden können. Konkret bedeutet dies zunächst, dass sie baulich einwandfrei sein müssen und keine Löcher oder ähnliche Gefahrenquellen aufweisen dürfen. Hinsicht­lich der Wege in der Kleingartenanlage entsteht mitunter die Frage, ob diese im Winter geräumt bzw. gestreut werden müssen. Hier kommt es - wie bei juristischen Streitigkeiten häufig - auf den Einzelfall an. Als Grundsatz kann gesagt werden, dass die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht und damit auch an die Räum- und Streupflicht umso höher sind, je öffentlicher der Verkehr in der Anlage ist. Befindet sich z.B. ein Vereinsheim in der Anlage, so hat zunächst der Kleingärtnerverein dafür Sorge zu tragen, dass dieses auch in den Wintermonaten gefahrlos erreicht werden kann.

In aller Regel wird das bedeuten, dass die Zuwegungen zum Vereinsheim zumindest während der Öffnungszeiten desselben geräumt und gestreut sein müssen. Sollte das Vereinsheim an einen Betreiber verpachtet sein, ist es empfehlenswert, diesem die Verkehrssicherungspflichten für die Zuwegung zu übertragen. Ein Spezialfall der Verkehrssicherungspflicht in der Kleingartenanlage sind Biotope und Teiche auf den Gemeinschaftsflächen. Hier ist dafür Sorge zu tragen, dass diese Anlagen nicht zur Gefahrenquelle, insbesondere für kleine Kinder, werden. Es empfiehlt sich also, eine Einzäunung vorzunehmen oder die Wasserbecken so anzulegen, dass auch kleinere Kinder nicht in diesen ertrinken können.

Im Zusammenhang mit den Verkehrssicherungspflichten für öffentliche Flächen wird häufig die Frage gestellt, ob die Verkehrssicherungspflicht durch das Aufstellen von Schildern wie „Betreten bei Eis und Schnee auf eigene Gefahr" oder „kein Winterdienst" oder gar „Eltern haften für ihre Kinder" ausgeschlossen werden kann. Hierzu ist zu sagen, dass ein völliger Ausschluss der Verkehrssicherungspflicht durch das Aufstellen derartiger Schilder nicht möglich ist. Allenfalls kann ein Benutzer der Wege bzw. sonstigen Anlagen darauf hingewiesen werden, dass er besondere Aufmerksamkeit aufbringen muss, da zum Beispiel kein Winterdienst durchgeführt wird. Insofern kann bei Außerachtlassen dieser Sorgfalt und einem dadurch entstandenen Schaden ein Mitver­schulden des Geschädigten in unterschiedlicher Höhe infrage kommen.

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3. Verkehrssicherungspflicht für Spielplätze und Spielgeräte

 

 

Wenn ein Kleingärtnerverein in der Anlage Spielflächen unterhält und auf diesen Spielgeräte aufstellt, ist selbst­verständlich auch dafür verantwortlich, dass vom (ordnungsgemäßen) Gebrauch dieser keine Gefahr ausgeht. Insofern ist dringend zu empfehlen, nur solche Geräte aufzustellen bzw. zu verwenden, die von einer dazu befug­ten Stelle (TÜV oder GS-Stelle) zertifiziert worden sind. Ferner sind derartige Geräte und Anlagen in regelmäßi­gem Abstand auf ihre Betriebssicherheit zu prüfen. Dabei sollte die Prüfung jeweils schriftlich dokumentiert wer­den.

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4. Verkehrssicherungspflicht für Vereinsheime und sonstige Baulichkeiten

 

Auch das Betreiben eines Vereinsheimes eröffnet für dessen Benutzer einen bestimmten Gefahrenbereich. Inso­fern ist es ratsam, durch regelmäßige, dokumentierte Begehungen den Zustand des Vereinsheimes sowohl innen als auch außen zu überprüfen, um möglichst auszuschließen, dass Passanten oder Benutzer des Vereinsheimes in irgendeiner Weise durch fehlerhafte Bausubstanz zu Schaden kommen.

Soweit es sich um öffentlich betriebene Gaststätten handelt, sind die entsprechenden Rechtsnormen, die in aller Regel im Gewerberecht der jeweiligen Länder enthalten sind, zu berücksichtigen und einzuhalten.

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5. Verkehrssicherungspflichten für Bäume auf der Gemeinschaftsfläche

 

Bei Schäden, die sich durch umgestürzte Bäume, herabfallende Äste etc. ergeben haben, gibt es eine umfangrei­che Rechtsprechung. Deren Ergebnis kann man wie folgt zusammenfassen:

Der Verkehrssicherungspflichtige für einen Baum ist verpflichtet, sich in regelmäßigen Abständen über den Zu­stand dieses Baumes bzw. einer sonstigen Anpflanzung zu informieren. Ergeben diese Sichtkontrollen keinerlei Auffälligkeiten, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Nur wenn diese Sichtkontrollen Auffälligkeiten (wie ein erheblicher Todholzanteil von über 15%, erheblicher Schrägstand des Baumes, sonstige Auffälligkeiten) er­geben, sind weitere Maßnahmen, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen für Bäume erfor­derlich.

Die Begehungen sollten zweimal jährlich - einmal während des belaubten und einmal während c unbelaubten Zustands - durch führt und entsprechend dokumentiert werden. Bei Auffälligkeil sollte unverzüglich ein Fachbe­trieb oder aber ein Vertreter der zuständigen Umweltbehörde herangetragen werden.

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6. Aufsichts- und Fürsorgepflicht für besondere Veranstaltungen des Vereins

 

Die Durchführung von besonderen Veranstaltungen, wie z. B. Kind festen, bedeutet in aller Regel auch, dass ein erhöhtes Gefahrenpotenzial besteht. Insbesondere bei jüngeren Kindern ist nicht immer von auszugehen, dass diese sich „vernünftig" wie Erwachsene verhalten; vielmehr besteht die Gefahr; dass durch spontane, eben kindli­che Reaktionen Dritten ein Schaden gefügt wird.

Dies wird nicht in jedem Falle vollständig zu verhindern sein. Entscheidend ist, dass der Verein geeignete Perso­nen in ausreichender Anzahl auswählen muss, die die Geräte des Kinderfestes beaufsichtig und ggf. kurzfristig einschreiten können. Selbstverständlich sollten auch Spiele und Spielgeräte so aus wählt werden, dass die Ge­fahr \ Unfällen möglichst gering bleibt.

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7. Fürsorge- und Hinweispflicht des Vereines bei der Eröffnung von Gefahrenquellen durch die einzelnen Pächter

 

 

 

Grundsätzlich gilt, dass für die Sicherheit im einzelnen Garten je Pächter selbst verantwortlich Falls dem Verein jedoch auffällt; dass einzelne Pächter Anlagen in ihren Gärten unterhalten, die hohes Gefahrenpotenzial darstel­len, ist der Vorstand des Vereins beraten, wenn er den betreffenden Gartenpächter möglichst schriftlich auf diese Gefahrenquelle hinweist und ihm dringend empfiehlt die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zu treffen.

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DER FACHBERATER - FEBRUAR 2007