Darf ein Vorstand Pflichtverletzungen tolerieren?

 

Pflichtverletzungen kommen in fast jedem Verein vor. Es können leich­tere Vergehen, meist als „Kavaliers­delikte" bezeichnet, oder schwerere sein, die schon einen Straftatbe­stand darstellen.

 

Es steht dem Vorstand nicht frei, ob er auf ein pflicht- oder vertragswid­riges Verhalten reagiert oder nicht. Im Gegenteil, er muss gemäß der geltenden Vereins- und kleingarten­rechtlichen Bestimmungen handeln -und zwar unverzüglich. Das kann in Form einer Ermahnung, einer Abmahnung, einer Rüge oder auch einer Kündigung erfolgen. Auf keinen Fall darf man etwas, ohne es zu beanstanden, über län­gere Zeit dulden. Denn Duldung ist gleichbedeutend mit einer unwi­dersprochenen Hinnähme und damit stillschweigenden Anerken­nung eines Geschehens oder einer Handlung, die einem Recht wider­spricht.

 

Die wichtigste Form, in der auf eine Pflichtverletzung reagiert werden kann, ist die Abmahnung. Sie hat als „Gelbe Karte" zwei Funktionen:

  1. .. dass ein konkret bezeichne­tes Fehlverhalten missbilligt wird (Hinweis- und Rügefunktion) und
  2. .. dass für den Wiederholungsfall konkrete Konsequenzen angekün­digt werden (Warnfunktion). Unter­lässt ein Vorstand seine satzungsge­mäße Pflicht zum Handeln, ist der Willkür im Verein letztlich Tür und Tor geöffnet.

Rechtssicherheit und Rechtsklar­heit erfordern, dass unumgängliche Schritte im Verein in angemessener Zeit erfolgen. Wird z. B. zu lange mit einer Abmahnung gewartet, kann der Abzumahnende annehmen, dass der Vorstand die Sache auf sich beruhen lassen will. Damit hat der Vorstand aber auch das Recht ver­wirkt, später rechtswirksam zu han­deln, weil dann zwischen Fehlverhal­ten und Abmahnung ein zu langer Zeitraum liegt.

 

Ist der Abgemahnte den Auflagen nicht nachgekommen, muss man weitere Schritte unternehmen, denn letztendlich die Pflichtverletzungen doch hinzunehmen, weil sich die (bisher) ergriffenen Maßnahmen entweder als ungeeignet oder erfolg­los erwiesen haben, stellt ebenfalls eine Form der Duldung dar. Wurde der Pächter abgemahnt und ist der Abgemahnte den erteilten Auflagen nachgekommen, kann auf denselben Vorfall hin z. B. kei­ne Kündigung mehr erfolgen. Mit einer Abmahnung, die erfolgreich war, verzichtet man auf das Kündi­gungsrecht.

 

Es ist sehr bedenklich und für das Vereinsleben wenig hilfreich, wenn z. B. über Jahre hinweg Verfehlungen eines Pächters „angesammelt" und nicht nachweisbar abgemahnt wer­den, um sie später zu einem pas­senden Zeitpunkt „gesammelt" geltend zu machen. Es gehört zur Redlichkeit und zur Konsequenz, dass zwischen Geschehen und rechtlichem Handeln ein zeitlicher Bezug vorhanden ist. Also: Pflichtverletzungen rechtzeitig und nach dem Gleichheitsgrundsatz abmahnen, denn sie zu tolerieren ist äußerst schädlich für das Vereinsle­ben!

 

DER FACHBERATER   Februar 2009   tp